Bedürfnisse in der heutigen Zeit
Vor einigen Jahren habe ich, Dharma Raj Bhusal, meine Eltern verloren. In der Trauerphase litt ich unter dem Verlust, da ich eine sehr enge und gute Beziehung zu ihnen hatte. Sie waren sehr sozial eingestellt und haben mich immer wieder überzeugt, wie wichtig soziales Engagement ist. Um ihrem Weg zu folgen habe ich mir viele Gedanken gemacht und bin auf die Idee gekommen, das Lila-Radhika Humanitarian Senior Citizen Center zu gründen.
Diese Organisation wurde im Jahr 2013 mit der Hilfe meiner Freunde ins Leben gerufen. Das Hauptbüro befindet sich in Radhika Niwas (Kathmandu Metropole Ward Nr. 10, New Baneshwor Thapa Gaun Saraswati Marg 290).
Eines der sozialen Projekte von LIRA HOUSE wurde von Dezember 2015 bis Januar 2016 in der Mithila Art Gallery in Thamel, Kathmandu, in Zusammenarbeit mit dem deutschen Künstler Karl Küffel und den nepalesischen Künstlern, Mahesh Acharya und Sundar Yadav, unter der Bezeichnung „Tür in die Zukunft für nepalesische Kinder“ durchgeführt. In dieser Kunstaktion haben Kinder ihre Gedanken und Vorstellungen zum Thema „Zukunft für Kinder in Nepal“ auf leere Türblätter gemalt. Um diesen Kindern zu helfen, haben wir beschlossen, sie in ihrer weiteren Entwicklung bis hin zum Abitur zu unterstützen. Dieses Projekt hat auch mir geholfen, den Schmerz über den Verlust meiner Eltern zu lindern und in ihrem Sinne den sozialen Gemeinschaftsgedanken fortzuführen.
Die Lila-Radhika-Organisation ist in seiner Arbeit auf finanzielle Zuwendungen angewiesen.
Einige Freunde beteiligen sich aktiv an der Realisierung des Zentrums in Nepal. Auf diese Weise pflegen wir eine gute Verbindung zu verwandten Gremien und treffen verschiedene Organisationen, die auf demselben oder ähnlichem Gebiet arbeiten.
Im Jahr 2010 habe ich mithilfe einiger Freunde den Verein „Deutsche humanitäre Initiative für Südasien e. V.“ (Sathi e. V.) in Berlin gegründet. Dieser Verein hilft Migrant/innen. Ich bin dort als ehrenamtlicher Sozialberater tätig. Wir beraten und begleiten Migrant/innen aus Südasien, die in Berlin leben. Hauptsächlich unterstützen wir schwer kranke und ältere Menschen in Zusammenarbeit mit Dong Ban Ja dem interkulturellen ambulanten Hospiz, einem Projekt des Humanistischen Verbands Berlin-Brandenburg KdöR (HVD).
Die konstruktive und positive Zusammenarbeit mit dem HVD und die Unterstützung durch die leitenden Mitarbeiter/innen (genannt seien hier der ehemalige Vorstandsvorsitzende Manfred Isemeyer, und seine Frau Andrea Käthner-Isemeyer) haben mir Mut gemacht und Rückhalt gegeben, das Projekt „Lila-Radhika“ (LIRA-Haus) weiterzuentwickeln.
Im Jahr 2018 hatte ich mit Unterstützung dieser beiden Personen die Gelegenheit, Nepal mit 18 Sozialarbeiter/innen aus Deutschland zu besuchen. Auf dieser Studienfahrt konnte ich ihnen anschaulich erklären, warum ein solches Projekt in Nepal so wichtig ist.
Geprägt von den gewonnenen Eindrücken haben wir uns entschlossen, dieses Modellprojekt verstärkt voranzubringen.
Meine Motivation für soziales Engagement
Ich wurde im westlichen Teil von Nepal (in Palpa) in einer Bauernfamilie geboren. Da es in unserem Dorf kein Hotel gab, war es üblich, dass Durchreisende und Besucher in privaten Häusern kostenlos übernachten und essen konnten. Das Haus meiner Eltern beherbergte so oft Gäste.
Ich erinnere mich daran, dass meine Eltern immer sagten: „Niemand soll hungrig oder nackt sein, auch sollten die Menschen unter einem Dach schlafen können.“
Für meine Hochschulausbildung ging ich im Jahr 1985 nach Kathmandu, der Hauptstadt Nepals. Es war meine erste Reise in die Großstadt. Ich war allein und es wurde meine tägliche Routine, den Pashupatinath (heiliger Tempel für Hindus) in der Freizeit zu besuchen. Dort konnte ich das Sterben der Menschen und die damit verbundenen regelmäßigen Aktivitäten und Rituale beobachten. Das Szenario beinhaltete die Ansicht von Leichen, die auf dem Gelände des Tempels verbrannt wurden. Weiterhin konnte ich Sadhus, asketische Wandermönche und ältere obdachlose Menschen beobachten, die gezwungen waren im Tempel zu leben.
Diese Erlebnisse und Beobachtungen weckten mein Interesse, mich in einem sozialen Bereich zu engagieren. Ich wurde neugierig, mehr über das soziale Leben und die Gesellschaft zu erfahren.
Die vorab geschilderten Erlebnisse und Beobachtungen verstärkten meine Erkenntnisse, dass von einem nach dem Tode nichts bleibt. Mir wurde klar, dass ich bereits zu meinen Lebzeiten etwas für die bedürftigen alten Leute tun wollte. Ohne entsprechende Kenntnisse, Ausbildung und Geld, ist dies jedoch nicht möglich. Mein festes Ziel war es, meine Vision von sozialer Hilfe zum Erfolg zu führen.
Durch harte Arbeit und großes Engagement ist es mir gelungen, Anwalt zu werden und einen Arbeitsplatz im nepalesischen Regierungsdienst zu bekommen. Während meiner Dienstzeit konnte ich auch für die UNO arbeiten. Auf einer Mission hatte ich während des Dienstes einen schweren Unfall, der mich fast das Leben kostete.
Ich konnte reanimiert werden. Dieses einschneidende Erlebnis hat meine Einstellung zum Thema Sterben und Tod bis heute geprägt.
Zwei Jahre nach der Rückkehr von der UNO-Mission habe ich beschlossen, mein Studium fortzusetzen. Zu diesem Zweck bin ich nach Berlin gekommen und habe nach Abschluss meiner Hochschulausbildung angefangen hier zu arbeiten.
Zu diesem Zeitpunkt war mein Vater bereits 93 Jahre alt und meine Mutter 84 Jahre. Der nicht mehr so stabile Gesundheitszustand meiner Eltern sowie das hohe Alter machten mir Sorgen. Ich war das jüngste Kind in der Familie und hatte eine besondere Beziehung zu meinen Eltern. Das bedeutete, dass sie auch besondere Erwartungen an mich hatten. Dazu gehörte die Pflicht, sie im Alter zu pflegen und für sie zu sorgen.
Während meiner Abwesenheit kümmerten sich meine beiden Brüder, die ebenfalls mit meinen Eltern im selben Dorf lebten, um sie. Leider starben beide Brüder kurz vor dem Tod meiner Eltern. Dieser Schicksalsschlag brachte mich in eine schwierige Situation. Wie konnte ich meinen Eltern erklären, dass ich nicht nach Nepal zurückkommen konnte, um mich um sie zu kümmern? Eine Mitnahme nach Deutschland war aufgrund ihres Gesundheitszustandes auch nicht möglich. Ich konnte es jedoch einrichten, dass sich die Tochter meines älteren Bruders um meine Eltern bzw. ihre Großeltern kümmerte. Damit war das Problem vorerst gelöst und ich konnte zurück nach Berlin.
Zurück in Berlin waren meine Gedanken jedoch immer bei meinen Eltern. Plötzlich bekam meine Mutter einen Herzinfarkt. Ihr Zustand verschlechterte sich von Tag zu Tag. Ich machte mir große Sorgen um sie. Zu Hause gab es keine Möglichkeit, sie richtig zu pflegen. Ich flog sofort nach Nepal und versuchte mein Bestes, um eine gute medizinische Behandlung zu finden. Gleichzeitig fing ich an, einen Ort für eine gute Pflege und Unterkunft für sie in einem Altersheim zu suchen. Leider konnte ich keine einzige Institution bzw. keinen Ort für meine Eltern finden, denen ich sie anvertrauen konnte.
Die Situation gestaltete sich immer schwieriger. Ich machte mir große Vorwürfe, dass ich ihnen nicht die Hilfe geben konnte, die ich mir vorstellte. Ich war nicht in der Lage, meine Arbeit in Berlin zu verlassen, um meine Eltern zu Hause zu betreuen, obwohl ich sie von Herzen liebte. Es gab keine Alternative. Also fragte ich meine Nichte, ob sie sich um meine Eltern kümmern könnte. Ich besorgte alle notwendigen Dinge, die sie für ein Bleiben im Haus meiner Eltern benötigte.
Auf dem Rückweg nach Berlin habe ich viel über meine persönliche Situation, das nepalesische Sozial- und Gesundheitssystem, die Mentalität der Menschen dort und deren Vorstellung, eine kleine, glückliche Familie zu haben, nachdachte. Mich beschäftigte der Gedanke, der Anziehungskraft eines Studiums oder einer Arbeit im Ausland für junge Menschen sowie die Konsequenz daraus, dass ältere Menschen im Dorf alleine zurückbleiben. Das Ergebnis meiner Überlegungen war die Gründung einer Institution, die sich um ältere Menschen am Lebensende kümmert und ihnen Schutz, Nahrung, Unterkunft, Liebe sowie eine gute Pflege bietet.
Das war der Beginn von „Lira-Haus“.
Viele Kinder suchen nach solchen Orten, an denen ihre Eltern sicher und besser betreut leben können, wenn sie nicht mehr zu Hause bleiben können. Umwälzungen und gesellschaftliche Veränderungen im letzten Jahrhundert hatten auch für bisher intakte Familien erhebliche Folgen. Kinder verlassen das Elternhaus, um im In- und Ausland zu studieren und zu arbeiten. Eine direkte familiäre Unterstützung der Eltern wird daher oft immer schwieriger oder ist kaum noch möglich. Eine zusätzliche soziale oder gesetzliche Absicherung und Vorsorge gibt es zurzeit in Nepal kaum. <- kaum/nicht/was genau?
Inzwischen gibt es viele ältere Menschen, die keine Kinder haben, die sich um sie kümmern können. Viele von diesen alten Menschen sind geistig und/oder finanziell nicht mehr in der Lage, für sich selbst zu sorgen und müssen daher betreut werden.
Meine Vorstellung ist, dass diese Menschen durch unsere Organisation die Möglichkeit erhalten, ihren Lebensabend in Würde verbringen zu können. Nepal benötigt Seniorenzentren, damit alte Menschen nicht gezwungen sind, ihr Lebensende in Tempeln oder auf der Straße zu verbringen zu müssen.
Ziel muss es sein, diesen bedürftigen, kranken, älteren Menschen Pflege, Schutz und Unterstützung in einer lebenswerten Atmosphäre zu bieten. LIRA HOUSE soll nicht nur ein Ort für finanziell und sozial schwache Personen sein, es ist auch für Menschen gedacht, deren Kinder sich nicht mehr um ihre Eltern kümmern können.
Unser Credo
Unser Credo lautet deshalb: In der letzten Phase ihres Lebens müssen all diese Menschen in Würde leben und in Frieden sterben können.